Unsere Auswertung des kommunalen Wärmeplans der Stadt Dresden
Wir haben uns das neue Konzept der kommunalen Wärmeplanung der Landeshauptstadt Dresden angesehen und eine Auswertung für dich dazu erstellt. Der neue Wärmeplan definiert wichtige Schritte hin zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung. Hier findest du den offiziellen Wärmeplan der Stadt Dresden.
Ergebnis-Überblick für Schnellleser
Positive Ansätze
- Fernwärme als Schlüsseltechnologie: In dicht besiedelten Stadtteilen setzt Dresden auf
den Ausbau von Fernwärmenetzen. Diese ermöglichen die Integration erneuerbarer Energien,
entlasten Stromnetze und versorgen große Wohnquartiere effizient. - Nahwärme für kleinere Quartiere: Dort, wo eine Anbindung an das Fernwärmenetz wirtschaftlich nicht möglich ist, sollen Nahwärmenetze ausgebaut werden. Diese flexiblen Systeme nutzen lokale Wärmequellen und können die Stromnetze in Zeiten hoher Belastung entlasten.
- Innovative Wärmespeicherung: Großwärmepumpen und Wärmespeicher werden als konkrete Projekte umgesetzt, um Wärme effizient aus Umwelt- oder Abwärmequellen bereitzustellen und Versorgungsspitzen abzufedern.
Kritische Punkte
- Keine Orientierung für viele Haushalte: 18 % der Dresdner Gebäude liegen in Prüfgebieten. Dort ist unklar, welche Wärmeversorgung zukünftig kommt. Wer heute eine neue Heizung benötigt, erhält keine verlässliche Auskunft.
- Wasserstoff im Gasnetz ist keine Lösung: Eine Meta-Analyse von 54 Studien (Rosenow 2024) zeigt, dass Wasserstoff zum Heizen ineffizient, teuer und unsicher ist. Auch die Verbraucherzentrale rät von H₂-ready-Heizungen ab. Ein Ausschluss von Wasserstoff würde aufwändige Prüfungen verhindern und für mehr Planungssicherheit sorgen.
- Kostenfalle Gasnetz: Mit sinkender Gasnachfrage steigen die Netzentgelte für die verbleibenden Kund:innen stark an. Fachgutachten, unter anderem von Agora Energiewende, warnen davor: „Selbst unter Berücksichtigung einer Umrüstung auf Wasserstoff sinkt der Gasnetzbedarf 2045 um über 90 Prozent. Ohne eine Anpassung des Ordnungsrahmens drohen bis 2044 eine Versechzehnfachung der Netzentgelte […] von bis zu 10 Milliarden Euro.“ Aktuell sieht der Entwurf des Wärmeplans der Stadt Dresden jedoch keinen konkreten Fahrplan für eine geordnete Stilllegung des Gasnetzes vor.
- Nahwärme bleibt Flickenteppich: Viele potenzielle Gebiete sind benannt, doch nur wenige werden zeitnah vertieft geprüft. Für viele Anwohner:innen bleibt unklar, wer die Initiative ergreift – Stadt, Versorger oder Bürger:innen selbst
Unsere Forderungen
- Klare Absage an Wasserstoff im Gasnetz.
- Beschleunigung und klare Zuständigkeiten bei der Prüfung von Nahwärmegebieten.
- Fahrplan zur geordneten Stilllegung des Gasnetzes.
Unsere Detailanalyse
Grundsätzliche Probleme
Der neue Wärmeplan hat zwar die Reduktion von Treibhausgasen zum Ziel, aber plant die Umsetzung der Maßnahmen bis 2045 und somit 10 Jahre später als das notwendige Zieljahr. Durch das Bürgerbegehren wurde eingefordert, dass Dresden bis 2035 klimaneutral wird, damit die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden kann – gemäß dem Pariser Klimabkommen. Auch im neuen städtischen Klimakonzept (IEK) soll 2035 möglichst als Null-Jahr erreicht werden. In der aktuellen Version des Wärmeplanes wird außerdem nur eine Reduktion von 94 % der Treibhausgas-Emissionen erreicht. Eine echte Klimaneutralität wird gar nicht angestrebt. Da der Bereich Wärmeversorgung einen erheblichen Umfang der klimaschädlichen Emissionen in einer Stadt verursacht, gefährdet der aktuelle Entwurf des Wärmeplanes die Gesamtstrategie zur Erreichung von Klimaneutralität der Stadt Dresden.
Integrierte Planung
Wir möchten unterstreichen, dass die Wärmeplanung unbedingt in die vorhandenen kommunalen Planungen integriert werden muss. Dazu gehören Flächennutzungspläne, Bauleitpläne, Stadtentwicklungspläne, Sanierungspläne und Netzentwicklungspläne. Dies stellt sicher, dass die unterschiedlichen Pläne und Maßnahmen Hand in Hand gehen und aufeinander aufbauen, sodass Synergien geschaffen werden.
Reduktion des Wärmebedarfs
Die Annahme der geringen Sanierungsrate von 0,2 % für das Zielszenario wie auch die Grundszenarien als Basis zur Berechnung ist angebracht, um keine übermäßige Abnahme des Wärmebedarfs zu prognostizieren. Andernfalls könnte es passieren, dass Ziele durch übertriebenen Optimismus irrtümlicherweise als erreicht angenommen werden. Jedoch kommt die energetische Sanierung im Plan zu kurz. Wir verbrauchen zu viel Energie und erneuerbare Wärme bleibt ein knappes Gut. Trotz gutem Sanierungsstand ist es wichtig, dass die Stadt die Unterstützung und Begleitung zur energetischen Sanierung vornimmt. Wir fordern daher konkrete Maßnahmen zur Realisierung energetischer Sanierungsmaßnahmen, zum Beispiel durch die Einrichtung von sogenannten One-Stop-Shops.
Es ist positiv zu bewerten, dass die Stadt die in ihrem Einfluss befindlichen Gebäude auf Sanierungsbedarf überprüfen möchte. Warum hier noch keine Fortschritte in Form einer umfassenden Bewertung stattgefunden hat, bleibt unklar.
Nahwärmenetze
Für den Wärmenetzausbau sind konkrete Maßnahmen gemeinsam mit den bestehenden und potenziellen Netzbetreibern zu erarbeiten. Allerdings liegen 18 % der Dresdner Gebäude in Prüfgebieten. Dort ist unklar, welche Versorgungsart zukünftig zum Einsatz kommt. Wer heute eine neue Heizung benötigt, erhält keine verlässliche Auskunft.
Gerade bei der Nahwärme zeigt sich, dass viele potenzielle Gebiete zwar benannt sind, doch nur wenige zeitnah vertieft geprüft werden. Für viele Anwohner:innen bleibt unklar, wer die Initiative ergreift – Stadt, Versorger oder Bürger:innen selbst. Wir fordern daher eine bessere Planungssicherheit mit einem kürzeren Zeithorizont und einem klaren Ansprechpartner, sodass es wie häufig im Bericht erwähnt, zu keinem unkoordinierten Ausbau kommt.
Fernwärmenetze
Leider setzt die Wärmeplanung zum Teil weiterhin auf Verbrennungsprozesse. Jedoch bedeuten diese weitere klimaschädliche Emissionen und sollten bei der Wärmeversorgung der Zukunft vermieden werden. Eine Nutzung der Abwärme durch thermische Abfallbehandlung ist prinzipiell zu begrüßen, damit die erzeugte Abwärme nicht verschwendet wird. Jedoch wird die Müllmenge bei angestrebter Kreislaufwirtschaft zukünftig abnehmen. Entsprechend sollte nicht wie im Bericht eine Steigerung, sondern eher eine perspektivische Senkung der Müllverbrennung angenommen werden (Bericht KWP S. 70). Ähnliches gilt für die übermäßige Verplanung von biogenen Brennstoffen und Wasserstoff, auf die in folgenden Kapiteln näher eingegangen wird.
Durch den kontinuierlichen Anfall von Müll arbeitet eine Müllverbrennungsanlage nicht saisonal und stellt daher eine Konkurrenz zur erneuerbaren Wärme dar.
Wir befürworten, dass der Wärmeplan die Notwendigkeit adressiert, kommunale Flächen für die Erzeugung und Speicherung von Wärme zu sichern sowie konkrete Maßnahmen einzuleiten bzw. zu prüfen. Hierzu gehören unter anderem die Großwärmespeicher aus der Maßnahme 1.11. Zusätzliche Speicher wären aus unserer Perspektive wünschenswert. Hierfür sollte nach weiteren potenziellen Standorten gesucht werden.
Die Umsetzungsmaßnahmen reichen derzeit in Bezug auf die Dekarbonisierung der Fernwärme nicht aus. Fossile Energieträger werden noch zu lange die Hauptrolle in der Wärmeversorgung spielen. Zudem sollte für die Erreichung des angestrebten Klimaneutralitätsziels mit Reserven geplant werden, da sich Projekte immer auch verzögern können. Wir fordern auch hier mehr Planungssicherheit für die Bürger:innen, indem Prüfgebiete zeitnah geprüft werden.
Stromnetze
Die Wärmewende markiert den grundlegenden Wandel von fossil betriebenen Heizsystemen zu elektrischen Wärmepumpen, die mit Strom aus erneuerbaren Quellen klimaneutral und hocheffizient arbeiten. Diese weitreichende Transformation der Heizungsinfrastruktur wird die Stromnachfrage auf Quartiersebene spürbar erhöhen. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir den geplanten Ausbau des lokalen Stromverteilnetzes. Hierbei ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz notwendig.
Biogene Brennstoffe und Wasserstoff
Biomasse und Biogas dürfen zum Schutz von Klima und Natur nur dann verbrannt werden, wenn sämtliche alternative Potenziale bereits ausgeschöpft sind und wenn dies unter Einhaltung strenger Nachhaltigkeitskriterien erfolgt. Schließlich entstehen dabei ebenfalls Treibhausgase, während unsere Ökosysteme bereits jetzt schon massiv unter Druck sind. Zudem wird aus dem Wärmeplan nicht ersichtlich, ob eine mehrfache Verplanung der möglicherweise verfügbaren Biomasse in den Nachbarkreisen/-städten ausgeschlossen ist. In diesem Zusammenhang ist die Abschätzung einer Wärmeerzeugung von 7 % aus Biomasse fürs Zielszenario nicht nachvollziehbar.
Wasserstoff wird bisher weltweit zu 99 % aus fossilen Brennstoffen hergestellt und trägt damit ebenfalls zur globalen Klimaerwärmung bei. Falls Wasserstoff in geringen Mengen für die zentrale Wärmeerzeugung eingeplant wird, dann sollte er aus erneuerbaren Energien produziert werden. Dieser “grüne” Wasserstoff ist teuer und sollte daher ausschließlich an Spitzenlasttagen mit sehr hohem Wärmebedarf zur Fernwärmeerzeugung eingesetzt werden. Wir fordern die Stadt auf neben den geplanten (Groß-)Wärmepumpen weitere Abwärmepotenziale zu erschließen und stärker auf Speicherlösungen zu setzen.
Für Privathaushalte steht “grüner” Wasserstoff in absehbarer Zeit nicht in ausreichenden Mengen zum Heizen zur Verfügung. Wasserstoff sollte vorrangig Anwendungen in der Industrie vorbehalten werden, die sich nicht elektrifizieren lassen (beispielsweise bei Prozesswärmebedarfen über 200 °C). Bürger:innen sollte diese Scheinlösung keinesfalls präsentiert werden, da es sie in eine Kostenfalle lockt und falsche Anreize schafft, in neue Gasheizungen zu investieren. Eine Meta-Analyse von 54 Studien [1] zeigt, dass Wasserstoff zum Heizen ineffizient, teuer und unsicher ist. Auch die Verbraucherzentrale rät von H₂-ready-Heizungen ab. Ein Ausschluss von Wasserstoff zum Heizen von Privathaushalten würde aufwändige Prüfungen verhindern und für mehr Planungssicherheit sorgen.
Nirgends im Wärmeplan gibt es konkrete Angaben zur Stilllegung der Gasverteilnetze. Dabei ist laut Agora Energiewende davon auszugehen, dass der Großteil der Gasverteilnetze zukünftig keine Verwendung mehr haben wird. [2] Ebenso ist laut der Verteilnetzstudie der dena eine Kostenexplosion der Netzentgelte für die verbleibenden Gaskund:innen zu erwarten. [3] Statt mit dem Gasnetztransformationsplan das bestehende Gasnetz auf Wasserstoff umzurüsten (KWP Maßnahme 3.1), sollte lieber überall dort, wo Wasserstoff verzichtbar ist, eine Stilllegung geplant und von Stadt und Netzbetreiber gemeinsam vorbereitet werden. Die Stadt muss vom Netzbetreiber eine geordnete und geplante Stilllegung der Gasnetze einfordern und den Prozess kommunikativ unterstützen.
Öffentlichkeitsarbeit
Wir möchten anmerken, dass es größeren Aufwand erforderte den kommunalen Wärmeplan aufzufinden und einzusehen. Hierbei war es von Nachteil, dass dieser nur auf dem Beteiligungsportal zu finden ist. Eine direkte Verlinkung mit gelber Hinterlegung wie bei der Seite zum Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzepts (IEK) wäre wünschenswert.
Wir begrüßen, dass die Stadt mit dem Energielotsen eine zentrale Anlaufstelle für Beratungsangebote und Fördermöglichkeiten geschaffen hat. Allerdings ist die Plattform auf der Webseite der Stadt ebenso schwer aufzufinden. Hier wäre eine eigene Webseite vermutlich sinnvoller gewesen. Wichtige Tools, wie der Energieatlas, sind ebenso per Direktsuche schwer auffindbar und vermutlich den Bürger:innen zum großen Teil unbekannt. Zusätzlich zur Verlinkung bestehender Fördermöglichkeiten könnte die Landeshauptstadt eine eigene, einkommensabhängige Förderrichtlinie für Gebäudesanierung und Heizungstausch entwickeln, die gezielt einkommensschwache Haushalte unterstützt.
Soziale Wärmewende
Die Stadt muss dafür Sorge trage, dass soziale Gerechtigkeit stets mitgedacht wird. Denn Menschen mit hohem Einkommen verursachen wesentlich höhere CO2-Emissionen als Menschen mit geringem Einkommen. Wir begrüßen, dass im Wärmeplan Maßnahmen enthalten sind, die eine sozialverträgliche Wärmewende stützen, wie z. B. mit der Identifizierung “kritischer Gebiete” in Maßnahme 5.1.
Beratung zur eigenen Heizentscheidung
Du willst dich Informieren, wie dein Haus am besten zukünftig geheizt werden kann? Dann nutze die Webseite des Energielotsen der Stadtverwaltung mit Infos zu Förderungen, Beratungen und gesetzlichen Vorgaben:




